Annabell, Hanni und Melli schreiben dieses Jahr Geschichte! Weil die drei original Braunviehkühe zurückkehren auf die verlassene Alpweid. Da, wo vor fast 50 Jahren, zum letzten mal solch majestätisch behörnte Kühe ihre Milch spendeten. Damals gab der alte Bauer auf und starb auch bald danach. Nur die Namen der letzten Kühe an der Stallwand erinnerten uns bis heute, fast mahnend, an eine Vorzeit, die wohl irgendwann mal einen Sinn gehabt haben musste. Die wir uns aber gar nicht mehr so richtig vorstellen konnten.
Doch in den letzten Monaten veränderte sich alles. Vieles, was die ganzen Jahre nicht wichtig war, wurde plötzlich als systemrelevant geadelt. Regionale Versorgung, ja sogar Versorgungssicherheit, ist jetzt ein gesellschaftliches Schlagwort. Das Lebenswichtige in greifbarer Nähe erzeugen zu können, auch in Krisenzeiten keine Not zu erleiden, ist doch mehr als vernünftig. Es zeugt von vorausschauender Eigenverantwortung, im Gegensatz zum kurzfristigen Profit, wenn man billiger am anderen Ende der Welt produzieren lässt, und dabei auch noch die Umwelt massiv schädigt.
Naturverträgliche Selbstversorgung! Genau das war jahrhundertelang die Maxime unserer bäuerlichen Vorfahren. Darum haben sie das Allgäu kultiviert, obwohl es mit seinen „unkomoten“ Alpweiden (dt. Wortstamm „alb“, bergige Landschaft mit Wald und Weide) immer schon „unrentabel“ war. Sie taten es, um davon unabhängig leben zu können. Sie brachten Ökonomie und Ökologie unter einen Hut. Und ganz nebenbei, erschufen sie damit auch unsere herrliche Allgäuer Kulturlandschaft.
Es ist Zeit umzukehren vom Irrweg der Profitmaximierung durch Umweltzerstörung. Unsere guten Kühe auf der Alpweid sind deshalb nicht die Letzten von gestern. Nein, sie sind die Ersten von Morgen!
Alois
erschienen Feneberg VonHier-Kolumne Juni/Juli 2020