Meine Mutter war sehr gläubig. Wir beteten deshalb als Kinder brav den „Wettersegen“ und auch bei den Bittgängen durch Feld und Flur marschierten wir andächtig mit. Aber ganz besonders ist mir die Mutter in Erinnerung, weil sie im Sommer mehrmals täglich, und manchmal auch „verzweifelt“ an den „Wetterhahn“ (Barometer) klopfte. Vor allem dann, wenn das Wetter einfach nicht gut werden wollte und wir als Bauernfamilie eine große Sorge hatten wegen der Heuernte.
Das Wetter ist auch heute noch für viele Menschen recht interessant. Jedoch verbindet wohl niemandem mehr eine Existenzangst damit. Denn unsere jetzige High-Tech Landwirtschaft schafft es in gewohnter Weise einen Überfluss mit Lebensmitteln zu erschaffen. Entgegen aller riesigen Umwelt- und Klimaprobleme, die eigentlich am Horizont stehen. Für fast jedes Problem hat die Wissenschaft technische Antworten gefunden: Spritz-, Dünge- und Pharmaprodukte, Bewässerungs- oder Kanalisierungssysteme und neuerdings sorgen auch computergesteuerte Roboter mit immer größer werdende Maschinenpower für Ausbeute und Schlagkraft.
Und doch: Ohne Sommer, ohne Sonnenschein und Wärme geht es nicht! Wissenschaftlicher Konsens ist, dass die natürliche Photosynthese im Sommer gigantische Mengen an Biomasse in Feld und Flur bildet. Die Rahmenbedingungen müssen aber auch passen (Feuchtigkeit, Temperatur, Nährstoffe). Dann wachsen Früchte aller Art, Futtermittel und sogar die direkte Bio-Energie. Global ist diese „Pflanzenwirtschaft“ eigentlich der Mega-Baustein zur CO2 Reduktion, durch die Bindung von Kohlenstoff in Pflanzen und Boden.
Als Bauer ohne Landwirtschaftsschule weißt Du ja erst mal nichts von der modernen CO2 Wissenschaft. Doch die Weisheit meiner bodenständigen Bauernkultur ist so simpel wie wirkungsvoll: Sommer gut – Ernte gut – Alles gut! Ganz praktisch bedeutete das für mich als Allgäuer Bauernkind, dass ich nicht ins Schwimmbad durfte, solange nicht das Heu geerntet war!
So krass ist es heute bestimmt nicht mehr, weil mit den großen Maschinen auch die kleinsten Schönwetter-Fenster zur Ernte genutzt werden können. Doch die herausragende Bedeutung der Sommerzeit für unser Dasein gilt nach wie vor!
Und so möchte ich Sie, liebe Leser, zu guter Letzt um Verständnis bitten, wenn Sie in den Sommermonaten zu allen möglichen oder vielleicht auch unmöglichen Zeiten die Landwirte geschäftig mit ihren Maschinen wahrnehmen. Ja sich vielleicht sogar ein manchmal deshalb beeinträchtigt fühlen. Der Sommer ist für uns alle da. Allein nicht nur für unser Vergnügen, sondern vor allem für unseren Wohlstand.
Ihr Altbauer Alois Wohlfahrt
Kolumne Nr. 45 Feneberg Magazin https://www.feneberg.de/magazin/