Mein Vater hatte extra für uns Kinder eine Krippe gebaut.
Die Hütte bestand aus groben, getrockneten Baumrinden. Dazu hatte er kantige Steine gesammelt, die an der Rückseite der Hütte wie Gebirgsfelsen wirkten. Getrocknetes Moos vor der Hütte ergab eine idyllische Aue, wo ein schmaler Pfad sich zum Eingang der Hütte schlängelte. Und ein „Highlight“ hatte er auch eingebaut: eine rot gefärbte, winzige Lichtbirne zog einen magisch in diese zauberhafte Krippe. Ich robbte oft auf dem Boden heran, um diese Geborgenheit so nah wie möglich zu spüren. Mir brauchte niemand aus der Bibel vorlesen, dass in der Krippe das Christkind als das Heil der Welt zu uns gekommen war. Die heile Welt lag dort unzweifelhaft vor mir und ich konnte fast den Kopf da reinstecken.
Die Erinnerung verblasste mit den Jahren. Gesteht sich doch der Erwachsene ein, dass die heile Welt auch Schrammen hat. Darum war es nicht so schlimm, als irgendwann die Baumrinden der Hütte auseinanderbrachen. Dies änderte sich jedoch schlagartig als ich selbst Vater wurde. Es musste eine Krippe her. Ich spürte das Verlangen – so wie es wohl damals auch meinen Vater fühlte – für meine Familie etwas ganz Besonderes zu erschaffen. Das innere Auge wollte wieder so eine natürliche Hütte. Nur stabiler, also ein Blockhaus! Ich fing an Haselnuss-Stecken zu sammeln, sägte die passenden geraden Stücke, schnitzte jede Eckverbindungen genau passend in die „Holzstämme“. Für das erste Weihnachten tat es aus Zeitgründen erst mal ein Sperrholzdach. Aber im nächsten Jahr schnitzte ich noch hunderte winzige Dachschindeln für das uriges Dach. Und am Ende brannte sogar das „Highlight“, das wärmende Lämpchen im hintersten Eck der Hütte.
So lagen dann meine Kinder genauso andächtig vor der Krippe wie ich damals. Ich war glücklich, weil ich damit meinen Kindern Gefühle gab, die ich schon von meinen Eltern empfangen hatte.