In der heutigen modernen Zeit gilt vielen die traditionelle Familie als Auslaufmodell. Doch meine Allgäuer Lebenserfahrung als Altbauer sagt mir genau das Gegenteil.
Mein Vater war ein nachdenklicher Mann. Sein „Reflektieren“ ist wohl auf mich übergegangen. Denn auch ich grüble gern den Dingen hinterher, weil mir mit Abstand vieles Klarer wird. Und solch eine Erkenntnis ist für mich, wie Vaters „Lebensweisheiten“, es schaffen konnten mich nachhaltig zu prägen. Das lag sicher an seinen Sprüchen und Erzählungen, die er gern auch öfters von sich gab.
Ein solcher Spruch war: „Wo man mit’m Vieh guat umgoht, do gend au d’Leit guat mitanond um.“ *(Wo man mit dem Vieh gut umgeht, da gehen auch die Leute gut miteinander um.)
Dies ist sicher ein etwas derb formulierter Leitsatz aus der bäuerlichen Alltagswelt, aber doch treffend zu dem sehr modernen Thema der Kommunikations- oder auch Unternehmenskultur. Solche Leit- und Handlungssätze prägen sich tief ein und wirken im Stillen fort. So richtig bewusst wurde mir das, als ich selbst Kinder hatte. Ich reagierte plötzlich ganz genauso, wie mein Vater. Beispielsweise beim spontanen Schimpfen, obwohl ich diese Art eigentlich gar nicht mochte, als ich noch der Empfänger des Tadels war. Da wirkte also ein Reaktionsmuster meiner Vorfahren in mir, das auch mein Vater unbewusst mitbekam. Und nun gab ich das auch impulsiv wieder an meine Kinder weiter.
Dabei befahl mein Vater nicht einfach, sondern es war ihm wichtig, das Warum und Wieso auch verstehen zulernen und selber nachzudenken. Natürlich führte auch dies wieder zu Reibungen. Aber daraus folgte eben gleich die nächste Lektion, die es zu lernen galt. Solch uralte Familieninteraktionen lehrten uns also modernes Konfliktmanagement und TEAM-Building. Ohne Studium, ohne High-Tech, ohne Handy, ohne pädagogische Fachkräfte.
Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass auch heute noch jede Familie die Keimzelle unserer essentiellen Grundwerte ist. Als Altbauer bin ich sehr dankbar dafür, dass ich den bäuerlich, allgäuerischen Familiengeist mitbekommen habe. Und ich sehe mit großer Freude, wie dieser „Spirit“ auch auf meine Kinder und Enkel übergeht.
Familienzeit ist die beste Zeit, die wir uns geben können. Besonders in diesen modernen und auch unruhigen Zeiten.
Nutzen und genießen wir also freudig unsere familiären Möglichkeiten. Vor allem zum Jahresende und zur Weihnachtszeit.
Ihr Altbauer Alois Wohlfahrt
Erschienen im Von-Hier-Magazin Nr. 47